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Wären Sie ein besserer Chef?

© Text & Bild - Sandra Ottenbacher

Ein paar Einblicke in das Chef-Da-Sein

Und die Frage, ob es so erstrebenswert ist, Chef zu sein.

In unserer Gesellschaft herrscht immer noch die Meinung vor, nur wer auch irgendwann mal Mitarbeitende führt, hat wirklich Karriere gemacht. 

Hand aufs Herz: Wie erstrebenswert ist eine Führungslaufbahn denn tatsächlich? Was die Position Chef so alles mit sich bringt: Mehr Gehalt? Mehr Verantwortung? Mehr Arbeit? Mehr Stress? Weniger Freizeit? Mehr Status? Mehr ….

Mehr Gehalt? Im Normalfall ja. Aber wofür?

Für die personelle, fachliche, finanzielle und strategische Verantwortung. Nur was heisst das?

Die verschiedenen Verantwortungen

Gerade in personeller Hinsicht muss ein Chef sich in seine Truppe reinversetzen können, um sie auch richtig zu führen und zu lenken. Denn die strategische Verantwortung verlangt von ihm, dass er die ihm übertragenen – meist Abteilungsziele – mit seinen Leuten in der vorgegebenen Zeit auch erreicht. Dies bedingt neben vielen empathischen Fähigkeiten auch enorme Talente in Sachen Kommunikation und Weitblick.

Nicht zu vergessen sind seine fachlichen Fertigkeiten auf dem von ihm geführten Bereich. Schliesslich soll er ja auch von dem was seine Mitarbeitenden tun, etwas mehr als nur eine Ahnung haben. Und die finanzielle Verantwortung ist auch nicht zu unterschätzen. Denn alles, was er für seine Abteilung ausgibt, muss auch den Abteilungszielen und dem Aufwand entsprechen. Es ist sicher nicht einfach diesen Spagat täglich hinzubekommen.

Würden Sie als Chef für all diese Verantwortungsbereiche zuständig sein wollen und auch an deren Erreichung gemessen werden? Und zwar in jedem zu 100%?

Dann schauen wir uns doch mal in Kurzform an, mit welchen Aufgaben und Herausforderungen sich ein Chef tagtäglich auseinandersetzen darf:

Personelle Verantwortung

Meistens ist es so, dass Sie ein Team von ihrem Vorgänger ‚geerbt‘ haben. Hm. Gut. Und mit diesem Team müssen Sie nun Ergebnisse erzielen. Das wird von Ihnen verlangt. Eine optimale Personalführung ist das A und O eines guten Chefs – die tragende Säule sozusagen. Oder die Kardinalsdisziplin unter den Verantwortungsbereichen. Personalführung kann man zwar lernen, doch seine Mitmenschen intuitiv wahrnehmen nicht. Warum?

Wie würden Sie auf diese Fragen antworten:

  • Wie gut können Sie sich in Ihre Mitarbeitenden und Ihre täglichen Probleme und Hindernisse reinversetzen?
  • Sind sie Ihnen eher egal oder interessieren Sie sich wirklich dafür?
  • Erkennen Sie zwischenmenschliche Probleme unter den Mitarbeitenden innerhalb und im Austausch mit anderen Abteilungen und können Sie sie lösen und zwar ohne, dass das Tagesgeschäft und ihre Abteilungsziele flöten gehen?
  • Wie bringen Sie aus dem Ruder laufende Mitarbeitende wieder dazu, ihre Arbeitszeiten, ihre Pausenlängen, ihr Kommunikationsverhalten etc. den Vorgaben entsprechend einzuhalten?
  • Oder wie gehen Sie mit einem Mitarbeitenden um, der zwar eine fachliche Topleistung erbringt, sich aber als Kameradenschwein outet?
  • Wie lösen Sie unterschwellige Neidgefühle, Konkurrenzgerangel und Mobbingversuche innerhalb eines Teams?
  • Wie bringen Sie Ihre Mitarbeitenden zu TOP-Leistungen?
  • Sind Sie in der Lage Ihr Leute zu motivieren und bei Laune zu halten?
  • Können Sie sie für eine Sache begeistern und mitreissen?
  • Krempeln Sie selbst die Hemdsärmel hoch und fungieren als Vorbild?
  • Und können Sie dies alles auch noch, wenn Sie sich gleichzeitig auch noch um die anderen Verantwortungen kümmern müssen?

Sind all diese täglichen Herausforderungen an eine Führungskraft das was Sie sich unter Chef sein vorstellen würden?

Die fachliche Verantwortung

Ist neben der personellen die 2. tragende Stütze!

Egal welchen Bereich ein Chef zu führen hat. Er muss das Fachgebiet nicht nur kennen sondern auch wissen, welche Aufgaben seine Untergebene erledigen und ihnen auch mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Ein technischer Leiter muss wissen, wie Maschinen und Produkt zu handhaben sind. Genauso notwendig ist es für einen kaufmännischen Leiter zu wissen, wie Buchhaltung funktioniert.

Und zum Rüstzeug eines CEO‘s gehören neben strategischem Weitblick ebenso gute Personalführung-Fähigkeiten und finanzielles Know-How. Der CEO selbst muss hingegen – je nach Unternehmensgrösse – nicht unbedingt wissen, wie seine Maschinen funktionieren, die die technischen Mitarbeitenden bedienen. So hat jeder Chef seine fachliche Verantwortung, die er auszufüllen hat. Die er beherrschen muss. Die er können muss.

Ich denke, gerade diese Aufgaben zu erfüllen gelingt wohl den meisten Chef’s noch recht gut, oder?

Finanzielle Verantwortung

Wie sieht es nun mit der finanziellen Verantwortung aus? Jahr für Jahr erhalten Sie von den Finanzstrategen der oberen Etagen oder dem Inhaber der Firma Geld zur Verfügung, um Ihren Bereich kostendeckend zu führen. Das Budget. Dieses zu erstellen gehört in Ihren Verantwortungsbereich. Sie müssen bereits weit im Vorfeld wissen, was Sie im nächsten Jahr an Kosten in Ihrer Abteilung erwartet und wie Sie diese Kosten auch wirtschaftlich abfedern.

Ihre Verantwortung liegt darin, dass Sie mit dem Ihnen zur Verfügung gestellten Geld auch wirklich die Ziele der Abteilung und der Unternehmung erfüllen. Auch unvorhergesehene Ausgaben müssen Sie stemmen können. Eine Verantwortung, die nicht nur vertieftes kaufmännisches Wissen voraussetzt, sondern auch Weitblick.

Sind Budgets, Zahlenvorgaben, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und ähnliches, das womit Sie brillieren können?

Strategische Verantwortung

Nehmen wir nun noch die strategische Verantwortung hinzu. Diese baut auf allen vorangehenden Verantwortungen auf. Es gehört zu Ihren Aufgaben, dass Sie wissen, wohin die Unternehmung sich ausrichtet und welchen Beitrag Ihre Abteilung für den Erfolg und das Fortkommen der Unternehmung zu leisten hat. Und zwar in personeller, fachlicher und finanzieller Hinsicht.

Gerade diese Verantwortung liegt wahrlich nicht jeder Führungskraft. Weitsicht und unternehmerisches Denken kann man leider nur bedingt erlernen. Sie sind, wie die empathischen Fähigkeiten bei der Personalführung, entweder in die Wiege gelegt worden oder eben nicht.

Welche Gaben haben Sie mitbekommen? Gehören Ihr Sinn für Machbares, Ihr Weitblick und Ihr unternehmerisches Denken zu Ihren Talenten?

Zusammenfassend dargestellt

Alle diese Verantwortungen gehen oft mit mehr Arbeit, mehr Stress und weniger Freizeit einher.

Der Zeitdruck, der in unserer heutigen Arbeitswelt herrscht, kommt da noch obendrauf. Schneller, höher, weiter ist die Devise und nicht jede Führungskraft steckt diese Mehrbelastungen so einfach weg. Gerade dann, wenn der Chef sich durch Nichtbeherrschen einer der Verantwortungen vollkommen überfordert.

Die Folgen davon kennen wir alle:

Gereizte oder gar kranke Vorgesetzte, ‚führungslose‘ Abteilungen, Laisser-faire-Mentalität. In solch einem Klima entsteht wohl kaum erfolgreiche Arbeit. Und es ist zudem Nährboden für Mobbing, gestresste, kranke Mitarbeitende und ableitend dazu für viele unproduktive Arbeitsstunden. Leider immer noch traurige Realität in einigen Unternehmungen.

Fazit

Wir wissen, nicht jede Führungskraft hat das notwendige Rüstzeug, wenn Sie zum Chef ernannt wird.

Vieles kann erlernt werden, doch die Fähigkeit Menschen und ihr Befinden intuitiv wahrzunehmen und unternehmerische Weitsicht und Drive sind persönliche Eigenschaften, die in keinem Kurs, in keiner Schule und in keinem Lehrgang vermittelt werden können.

Sie sind von Geburt an in uns angelegt, oder nicht. Und hier liegt meist die Ursache dafür, dass so viele Mitarbeitende sich mit ihren Chef’s schwer tun. Denn gerade sie merken intuitiv und sehr schnell, wenn ihr Chef nicht integer, fachlich versiert und ein guter Kapitän ist, der es auch versteht ein Schiff bei stürmischer See oder mit Leck im Kiel zu steuern.

Chef sein ist kein Zuckerschlecken. Dieser Perspektiven-Wechsel lohnt sich auch für jeden Mitarbeitenden ab und zu. Denn, auch wenn Chef sein sicher mit mehr Gehalt und mehr Status ausgekleidet ist, ist es nicht für jeden der richtige Weg. Nicht jeder eignet sich zum guten Chef.

Die noch im Dornröschenschlaf steckende Alternative der Fachlaufbahn wird bisher unglücklicherweise weder mit derselben gesellschaftlichen Beachtung noch mit denselben Insignien – heisst, Geld und Status – bedacht.

Es ist an der Zeit, dass wir umdenken.